Religionspädagogik goes Cyberspace

An der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen startete der erste rein digitale religionspädagogische Studiengang

Gar nicht virtuell, sondern bei körperlicher Anwesenheit der ersten 19 Teilnehmerinnen und Teilnehmer startete am Montag, den 24.09.2018, der bundesweit erste Fernstudiengang Religionspädagogik, der mit einem Bachelor of Arts abschließt. Zu Beginn der ersten Präsenzwoche konnte der Dekan des Fachbereichs Theologie der Katholischen Hochschule NRW (KatHO), Prof. Dr. Kai Sander, die neuen Studierenden, Kolleginnen und Kollegen in Paderborn begrüßen.

Die Teilnehmenden kommen aus allen Teilen Deutschlands, vom Bodensee bis nach Ostfriesland und von Berlin bis nach Köln. Die meisten sind Frauen, aber es gibt auch Männer. Mit ihrem Durchschnittsalter von 38 Jahren verfügen sie über viel Lebens- und Berufserfahrung und wissen, worauf sie sich mit diesem neuen Studiengang einlassen.

Mit dem Ziel des B.A. verbinden viele, aber nicht alle, auch das Berufsziel der Gemeindereferentin bzw. des Gemeindereferenten. Einige der Studienanfängerinnen und Studienanfänger bringen auch Erfahrungen mit Theologie im Fernkurs in den Kurs ein. Die Kooperation von Theologie im Fernkurs mit der KatHO, die im Februar 2018 vertraglich besiegelt wurde, ermöglicht dieses weithin einzigartige Projekt. Auch der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) und einige Herkunftsdiözesen der Teilnehmenden unterstützen es, nicht zuletzt auch finanziell.

Mit den verschiedenen Kursen von Theologie im Fernkurs verbindet den neuen Studiengang die Möglichkeit, Theologie zu studieren, ohne an den Standort einer Hochschule umziehen zu müssen. Vielmehr kann das Studium an die persönliche, familiäre und berufliche Situation angepasst werden. Anders als in einem Präsenzstudiengang sind die Studierenden für ihre Arbeit nicht an einen Stundenplan gebunden, noch nicht einmal an die oft eng kalkulierten Semesterkalender mit ihren vorlesungsfreien und Präsenzzeiten. Lediglich eine Studienwoche im Semester ist im Studiengang der KatHO als Präsenzzeit verpflichtend. In der restlichen Zeit sind die Studierenden gehalten, in ihrem eigenen Tempo und Rhythmus zu arbeiten. Es ist sogar möglich, das Studium nur in Teilzeit zu planen und dafür um mehrere Jahre zu strecken. Auf diese Weise soll den Teilnehmenden größtmögliche Flexibilität eingeräumt werden.

Was den neuen Studiengang neben dem akademischen Abschluss in besonderer Weise auszeichnet, ist seine konsequente Ausrichtung an den Möglichkeiten digitaler Kommunikation und virtueller Lernprozesse. Die online-Lernplattform ILIAS und die Anbindung über das Internet werden nicht als notwendiges Übel bei der Konzeption eines Fernstudiengangs betrachtet, sondern als struktureller Lernvorteil: Einerseits bietet das Internet ein vielfältiges Spektrum an methodischen und didaktischen Möglichkeiten, die das klassische instruktionsorientierte theologische Lernen nicht nur bereichern, sondern auch umkrempeln können. Andererseits sind das Internet und die digitale Welt selbst ebenfalls theologische Orte, an denen sich entscheidende Veränderungen in Gesellschaft und Kirche als Zeichen der Zeit offenbaren, die neues theologisches Wissen ermöglichen und lernen lassen. Schließlich lernen die Studierenden in diesem Studiengang nicht nur etwas über Theologie und Religionspädagogik, sondern erwerben auch Kompetenzen im Umgang mit dem Medium Internet: Nach drei Jahren digitalen Fernstudiums werden sie auch zu kritischen Expertinnen und Experten für die Digitalisierung in Theologie und Kirche und ihre Grenzen geworden sein.

Auch von den Lehrenden verlangt das neue Medium nicht nur technische und didaktische Kompetenzerweiterungen. Gerade im Internet zeigt sich, dass Theologie sich in einer zunehmend pluralisierten Öffentlichkeit argumentativ behaupten muss und kritisch angefragt wird. Theologie kann nicht mehr in erster Linie als theologisches Wissen gelehrt werden, sondern muss zu kritischer und selbstständiger theologischer Reflexion inmitten eines vielstimmigen und widersprüchlichen Felds öffentlicher Theologien anleiten. Hier bietet ein digitaler Studiengang nicht nur unmittelbare und dringende Anfragen, sondern auch das Material und die Gelegenheiten, diese Kompetenzen auszubilden und zu vertiefen.

An dieser komplexen Schnittstelle zwischen Theologie und Öffentlichkeit, digitaler und analoger Welt leistet der neue Fernstudiengang Religionspädagogik echte Pionierarbeit. Wir hoffen, dass wir den Schwung, der uns aus der ersten Präsenzwoche in den Start des Fernstudiums begleitete, für diese komplexe Herausforderung bewahren können.

 

Dr. Stefan Silber ist Professor für Didaktik der Theologie im Fernstudium mit Schwerpunkt Systematische Theologie an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen, Abteilung Paderborn