Gedanken zum Abschied von Theologie im Fernkurs

Rückblick einer Begleitzirkelleiterin

Wie alles begann

Als ich 1993, nach meiner Zeit in Eichstätt, in die Diözese Regensburg zurückkam, drückte mir mein damaliger Chef, Domkapitular Grabmeier, eine Teilnehmerliste von Theologie im Fernkurs in die Hand und sagte mir, ich solle mich um diese Personen kümmern. Dazu gab er mir die Lehrbriefe und verschiedene Unterlagen zu den einzelnen Kursstufen. Zunächst konnte ich mit diesem Kurs nur wenig anfangen. Um mehr zu erfahren und etwas Licht ins Dunkel zu bringen, machte ich mich relativ bald auf den Weg ins Burkardushaus nach Würzburg und erhielt von Frau Krebs und Herrn Herten, Fernkursurgestein, eine umfassende Einweisung zum Aufbau, zu den Zielen von Theologie im Fernkurs uvm.

Wie es weiterging

Ein nächster Schritt war dann, die Teilnehmer*innen zu einem ersten Kennenlernen einzuladen. Ich startete zunächst mit dem Treffen aller aus allen Kursstufen, die gemeldet waren. Nach ein bis zwei weiteren Zusammenkünften in dieser Form wurde deutlich, dass eine Differenzierung notwendig war, denn die Bedürfnisse waren sehr unterschiedlich: Neueinsteiger*innen, wollten Grundlegendes wissen, wie und was zu lernen ist usw., die Teilnehmer*innen der anderen Kurse beschäftigten konkrete Fragen zum weiteren Studienverlauf, zu den Hausarbeiten, den Prüfungen und schließlich Fragen zu einer eventuellen Anstellung in der Diözese.

Diese Handhabung der Begleitung hat sich über die vielen Jahre bewährt, um den Studierenden in den jeweiligen Kursstufen gerecht zu werden.

Was sich veränderte

Veränderungen gehören zum Leben und auch zum Fernkurs. Nach dem Wechsel des leitenden Personals in Würzburg kam es zu Überarbeitungen und Neuausrichtungen.

Ein merklich spürbarer Einschnitt war die Beendigung  des Pastoralen Basis- und  Spezialkurses sowie die Einführung des Pastoraltheologischen Kurses. Das bedeutete, dass das diözesane Praktikum vor Ort neu organisiert und strukturiert werden musste. Es folgte in mehreren Schritten die Überarbeitung der Lehrbriefe des Grund - und Aufbaukurses. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang gerne an die verschiedenen Konferenzen in Würzburg.  Besonders die Berichte aus den anderen Diözesen waren für mich oft Impulsgeber, die eigene Praxis und die bisherigen Ordnungen zu überdenken.

Eine Zäsur hier in Regensburg war, als entschieden wurde, den Ausbildungsweg zur Religionslehrerin nicht mehr fortzuführen. Waren es doch viele Frauen, die oft nach der Familienpause nicht mehr in den alten Beruf zurückkehren wollten, sondern einen Beruf in der Kirche als ihren Weg erkannten. Gerade die Arbeit als Religionslehrerin in Teilzeit ließ sich mit Familie gut vereinbaren. In der Folge sank die Zahl der Frauen bei den Neueinsteiger*innen spürbar. Etwa zur gleichen Zeit stieg die Zahl der Männer, die das Diakonat anstrebten. Ein interessantes Phänomen.

Wer die Kursteilnehmer*innen waren

Von Anfang war es  interessant zu sehen, wer diese Kurse absolvierte bzw. einen kirchlichen Beruf anstrebte. Es zeigte sich eine sehr bunte Mischung: Jüngere Frauen, die oft über das Engagement in der Pfarrgemeinde die Theologie für sich entdeckten und mehr vom Glauben wissen wollten. Es kamen Rentner, die sagten, die Theologie hätte sie schon immer gereizt und jetzt hätten sie endlich Zeit, sich diesen Themen zu widmen. Oder einfach Neugierige, die  über Prospekte, Anzeigen in Kirchenzeitungen, Hinweise vom Pfarrer oder später über das Internet von diesem Kurs erfahren hatten. Natürlich verliefen die Wege nicht immer glatt. So manche merkten, dass der Kurs Einsatz und Zeit für das Studium verlangte, und Theologie mit Inhalten zu tun hat, die den bisherigen Glauben in Frage stellten konnten. Manche waren enttäuscht, weil sie sich einen frommen Zirkel erwartet hatten. Damit einher kam es immer wieder zu intensiven Diskussionen, oft ausgelöst durch die Themen der historisch kritischen Exegese. Ich erinnere mich an einen Mann, der meinte die Theologie und die Erkenntnisse der Wissenschaft seien absolut schädlich für den Glauben, man solle sich doch davon distanzieren. Er wollte auch mich bekehren – ohne Erfolg. Grundsätzlich fand ich diese Gespräche über die Gottesfrage, einzelne Glaubensinhalte und die Kirche immer sehr anregend – und eine Chance für die persönliche Entwicklung der Teilnehmer*innen. Für mich war es wichtig hinzuhören und zu beraten, wenn jemand sich mit seinen Fragen und Zweifeln meldete: Ist das der richtige Weg, soll ich ihn lieber wieder beenden, habe ich eine Aussicht, in der Diözese angestellt zu werden usw.?

Beeindruckt hat  mich von Anfang an die Selbstdisziplin, der Lerneifer, das Durchhaltevermögen, die Ausdauer der Teilnehmer*innen und die spürbare Überzeugung, wie wertvoll  das Studium der Theologie für das Glaubensleben ist.

Schön war es auch zu beobachten, wie oft schon nach den ersten Treffen rege Kontakte entstanden bis hin zu Freundschaften. Man motivierte sich gegenseitig, gerade wenn das eine oder andere Tief sich einstellte oder die Hausarbeiten und Prüfungen anstanden.

Was für mich bleibt

Ich selber habe gerade von den Fragestellungen, Zweifeln sowie kritischen Anfragen profitiert und mich herausgefordert gefühlt. Das macht für mich nach wie vor die Theologie erst lebendig; und es ist ein Zeichen, dass noch Interesse daran besteht, sich mit den Grundsätzen des Glaubens auseinanderzusetzen. Nicht der Diskurs ist anstrengend, sondern die oft spürbare Gleichgültigkeit in unserer Zeit gegenüber dem Glauben.

Irgendwann spürte ich, dass ein Wechsel dran war. Den Abschied von Theologie im Fernkurs konnte ich Gott sei Dank schrittweise vollziehen. Da fiel es nicht so schwer, die Leitung weiter zu geben. Ich denke mit Richard Ebner und Stefan Lobinger haben sehr kompetente und engagierte Kollegen diese Aufgabe übernommen. Ich hoffe natürlich, dass das Interesse an Theologie im Fernkurs weiterhin wach bleibt trotz mancher Krisen, die die Kirche durchläuft. Dieses Studium ist eine Chance für die Kirche, das Spektrum der Zugangswege zu kirchlichen Berufen zu erweitern, theologisches Wissen in die Gemeinden vor Ort hineinzutragen, mündige Christen*innen in den Gemeinden zu haben, die sich kompetent einbringen können. So ist Theologie im Fernkurs meines Erachtens ein wichtiger Beitrag, dass der Glaube nicht verdunstet, und dass Glaube und Wissen zusammengehören.

Ich wünsche den Verantwortlichen in Würzburg Mut für eine kontinuierliche Fortentwicklung der Kurse, den Begleitern hier in der Diözese viele interessierte Frauen und Männer in allen Kursstufen, den aktuell Studierenden Freude an der Theologie und allen Ehemaligen, die ein Stück Weg mit mir gegangen sind, alles Gute. Vielen Dank!

Michaele Fuhrmann-Neumayr

Die Formulierung hinsichtlich geschlechtergerechter Sprache entsprechen den Wünschen des Autors bzw. der Autorin.