Mein Weg mit Theologie im Fernkurs

Vorbereitung für weiteres Nachdenken

Dr. Peter Kratz blickt für den Fernblick auf sein Studium des Theologischen Propädeutikums für das Studium des Kanonischen Rechts zurück

Zugegeben: Ich bin nicht sehr glaubensnah. Der Sprung, von dem Joseph Ratzinger sprach – ich habe ihn (noch) nicht geschafft.

Dennoch: Ich lebe inmitten eines kulturellen Umfeldes, das – trotz aller Säkularisierung – immer noch stark christlich geprägt ist. In gewisser Weise ist es auch heute noch durch die christliche Schule gegangenes Denken, das unsere Welt zusammenhält.

Was also liegt näher, als – befreit von beruflichen Zwängen – hinter die Kulissen zu schauen, zu verstehen versuchen, was das ist: das Christentum und der christliche Glaube? Nun hätte man sich auf einer Universität immatrikulieren, Griechisch und Hebräisch lernen, Jahre des verbleibenden Lebens darauf verwenden können, einen Abschluss in Theologie zu erlangen. Aber nein: Das wäre ein Zuviel gewesen. So genau wollte ich es nun doch wieder nicht wissen.

So kam die Idee, es mit einem Fernkurs in Theologie zu versuchen. Ich schaute zunächst nach Wien, entschied mich dann aber für die Würzburger Variante. Und meldete mich an – ohne wirklich zu wissen, auf was ich mich da so einließ. Schon bald kam das erste Paket mit Lehrbriefen ins Haus, und das Erstaunen hätte kaum größer sein können, als ich auf die Titel schaute: siebenmal Philosophie! Das war hartes Brot, aber ich kämpfte mich durch. Gelegentlich ging ich in die benachbarte Universitätsbibliothek, um zum einen oder anderen Thema ergänzende Literatur zu holen; denn nicht immer waren die Lehrbrieftexte so ganz verständlich. Jedenfalls wurde mir mit der Zeit sehr klar, dass eine solide Kenntnis der alten Griechen, aber auch der Philosophie Immanuel Kants notwendige Voraussetzung für das Verständnis der christlichen Lehre ist.

Es folgten zahlreiche weitere Lehrbriefe, sich nun aber mit Fragen christlicher Theologie und Praxis befassend: gute und schlechtere, nahrhafte und eher oberflächliche. Es entstand ein Bild. Ich begann zu verstehen, was sich hinter dem christlichen Glauben verbirgt. Es war spannend zu sehen, wie sich einzelne, aber entscheidende Lehrmeinungen erst über Jahrhunderte hinweg entwickelt hatten – oftmals in heftigem Streit. Zusammenhänge wurden klar, Verbindungslinien ließen sich ziehen.

Natürlich gehörten auch Hausarbeiten und Prüfungen zum Programm. Ich habe sie ernst genommen – um eben auch die Arbeit an den Lehrbriefen ernst zu nehmen. Die Hausarbeiten erlaubten, sich nun tatsächlich einmal in ein durchaus anspruchsvolles Thema zu versenken. So erinnere ich mich gern zurück, wie ich mitten in Corona-Zeiten auf einer Terrasse am Canal Grande über die Bedeutung von Ergebnissen aus der Hirnforschung für unsere Vorstellungen von der Freiheit der Person nachdachte. Die mündlichen Prüfungen gestalteten sich stets sehr unaufregend; die Prüfer standen dem Prüfling zur Seite.

Sehr wichtig sind natürlich die Studienveranstaltungen. Das gemeinsame Nachdenken und das intensive Gespräch sind notwendige Ergänzung zur Erarbeitung der Lehrbriefe. Themen im Überblick zu erleben, gibt eine ganz andere Sichtweise, macht Zusammenhänge noch einmal klarer. Dazu mit Menschen in Kontakt zu gelangen, die voll in der Gemeindepraxis stehen: Das ist Bereicherung. Die Referierenden wussten, wovon sie sprachen.

Was bleibt? Meine zwei Jahre sind vorbei; ich möchte sie nicht missen. Ich habe das Grundwissen erhalten, das ich gesucht habe. Ich bleibe aber am Thema, schaue in das eine oder andere Buch, besuche hier einen Kurs, dort eine Veranstaltung. Bleibe Würzburg natürlich auch über den Verein der Freunde verbunden.

Und mache mir weiter Gedanken zu den Fragen, die mich während des Fernkurs-Studiums zunehmend beschäftigt haben: Wie wieder vorstoßen zum Kern der Botschaft, angesichts des immensen Materials, das 2000 Jahre Gelehrsamkeit hervorgebracht haben? Wie dieses gewaltige Lehrgebäude verwesentlichen, so dass es kommunikativ in unserer Zeit wirken kann? Im Weiteren: Braucht es die von Papst Benedikt XVI. 2011 in Freiburg geforderte «Entweltlichung» der Kirche, damit sie erneut als geistliche Größe, als Leuchtturm in einer verwirrenden Zeit wahrgenommen wird? Ist weniger mehr?

Ja, ich würde mir weniger Geschwätzigkeit wünschen. Konzentration auf das, was das Christliche in letzter Konsequenz ausmacht. Konzentration auf das, was für ein Christsein auch heute noch grundlegend ist. Konzentration auf ein paar Kernaussagen, die in der Kakophonie weltlicher Auseinandersetzungen Führung bedeuten und unmissverständliche Orientierung geben.

Peter Kratz