Eine Israelfahrt - 8 Jahre danach

Absolvententreffen im St. Otto Heim in Zinnowitz auf der Insel Usedom

Im Herbst 2008 reisten Studenten in das Heilige Land. Diese Studienreise von ThiF war für die Teilnehmenden voller theologischer, spiritueller und tiefgehender Erlebnisse. Das gemeinsam Erfahrene und Erlebte führte am Ende der Reise bei den Teilnehmern zu dem Wunsch, sich wiederzusehen. Seitdem trifft sich die Gruppe jährlich, wobei ein oder zwei Mitglieder das Treffen vorbereiten und das Programm organisieren. Inzwischen ist die Gruppe gewachsen, es sind Freunde und Partner dazugekommen, und nun ist sie auch ökumenisch geprägt. Diesmal trafen sich 21 Teilnehmer in Zinnowitz auf der Insel Usedom vom 29.09. bis 01.10.2016.

„Gott sei Dank, dass wir uns wiedersehen“ so war der Gottesdienst zu Beginn in der Kapelle des St. Otto Heimes überschrieben. Statt Fürbitten wurde Danksagung gehalten und in der Ansprache stand die Frage „Was sucht ihr hier“ im Mittelpunkt. Im Evangelium nach Johannes 1,35-42 fragt Jesus zwei Jünger des Johannes des Täufers „Was sucht ihr?“ Daraus ergab sich die Frage an uns: Was suchen wir hier, warum sind wir hier, warum haben wir ThiF studiert, sind nach Israel gereist und treffen uns Jahr für Jahr – kann das auch Gottessuche sein?

Das Programm der Tage war mit vielen Erlebnissen und guten Gesprächen zu zweit oder in der Gruppe gefüllt. Am Morgen begannen wir mit der Laudes am Strand. Geschenkt wurde uns zweimal ein wunderbarer Sonnenaufgang über der See. In diesen Momenten war unter uns Schweigen und stilles Gebet.

Am Vormittag erkundeten wir Zinnowitz mit seiner beeindruckenden Bäderarchitektur und der Seebrücke. Am Mittag hieß der Programmpunkt Besuch bei nahen Verwandten, was erst Rätsel aufgab, die sich im Besuch der evangelischen Dorfkirche von Koserow auflösten. Das Gotteshaus ist die älteste, in weiten Teilen original erhaltene Kirche der Insel. Hier befindet sich ein aus dem frühen Mittelalter stammendes Holzkreuz mit beeindruckender Christusdarstellung. Es soll, so die Überlieferung, von Fischern nach einem Sturm in der See gefunden worden sein und aus der untergangenen, reichen Handelsstadt Vineta stammen. In unserem Mittagsgebet in der Koserower Kirche standen Bitten um gute Früchte in der Ökumene im Mittelpunkt. Der Nachmittag brachte eine Wanderung über den Streckelsberg nach Kölpinsee mir Fernblick bis Swinemünde und eine Strandwanderung. Die Abende verbrachten wir gemeinsam im St. Otto Heim.

Der zweite Tag hatte als Höhepunkte eine Schifffahrt auf dem Achterwasser, ein Mittagsmahl über den Wassern auf der Seebrücke in Ahlbeck und eine Abendwanderung zum Loddiner Höft, einer in das Achterwasser weit hineinragenden Halbinsel mit Steilküste. Aus der zum Sonnenuntergang über dem Achterwasser geplanten Vesper wurde ein für jeden stilles Abendgebet beim Wandern im strömenden Regen mit peitschenden Windböen. Der Rückweg über einen winzigen Pfad durch wilden Küstenwald mit steilem Abstieg zum Strand war ein beeindruckendes Erlebnis.

Am Sonntag führte uns der Weg in die Hansestadt Greifswald. Nach der heiligen Messe in der Probsteikirche St. Joseph gab es eine Stadtbesichtigung mit Besuch des Domes und der Kirche St. Marien, herausragende Zeugen der Backsteingotik. Beide Kirchen und der Marktplatz beeindruckten in ihrer architektonischen Pracht. Die Marienkirche gilt als größte Hallenkirche Norddeutschlands.

Der Nachmittag stand unter dem Titel „Ausflug nach Holland“. Das kleine Fischerdorf Wiek mit Windmühle, malerischen Kapitänshäusern entlang dem Fluss Ryk und einer Klappbrücke darüber ergaben holländisches Flair. Die Wanderung zum „Utkiek“ an der Mündung des Ryk in den Greifswalder Bodden ließ unsere Blicke weit schweifen bis zur Insel Rügen.

Der nächste Programmpunkt nannte sich „Caspar David Friedrich – das Original“ und ließ uns staunen über die z.T. monumentalen Backsteinreste des einstigen Zisterzienserklosters Eldena. Die Ruinen dienten Caspar David Friedrich als Vorlage für einige seiner Werke. An der Stelle des ehemaligen Chores der Klosterkirche reihten wir uns ein in den über Jahrhunderte erklungenen Lobgesang Gottes.

Der letzte Abend war voll mit Rückschau auf das Erlebte, gegenseitiger Zuwendung und ein wenig Wehmut, dass die gemeinsame Zeit sich neigte. Wir schauten auch nach vorn auf unsere nächsten geplanten Treffen in Rom, im Februar 2017, und im Mai 2018 in München.

So wie begonnen sagten wir im Morgenlob am Abreisetag Dank für unser Wiedersehen und legten die vor uns liegende Zeit in Gottes Hand. Zum Abschied sprachen wir uns gegenseitig den Reisesegen zu: Der HERR segne dich und behüte dich; der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der HERR wende dir sein Angesicht zu und gebe dir Frieden. Amen.

Text: Christian Rupprich

Bilder: Gerald Honig und Christian Rupprich

Anmerkung aus Sicht des ehemaligen Studienleiters

Dass nach acht Jahren eine ThiF-Studienreisegruppe immer noch jedes Jahr eine mehrtätige gemeinsame Zeit an einem jeweils neu ausgewählten Ort gestaltet, hat einen besonderen Grund: Schon am zweiten Tag unserer gemeinsamen Reise ins „Heilige Land“ im Herbst 2008 war zwischen den bis dahin sich meist fremden Fernkurs-Studierenden ein Gruppengeist zu spüren, der die ganze Zeit tragend war und die Reise zu den Ursprüngen christlichen Glaubens und Lebens auch zu einer besonderen menschlichen Erfahrung machen sollte.

Diesen Geist spürte ich – zum ersten Mal bei so einem Treffen dabei – wieder in den Tagen auf Usedom bereits nach kürzester Zeit. Mir war, als seien wir erst vor Kurzem aus Israel zurück, obwohl nun jeder und jede Einzelne von uns seine Geschichte seit der Reise erzählen konnte. Der absolvierte Fernkurs mit Reise zu den Entstehungsorten der gemeinsamen Studien hatte in diesen Geschichten seine Spuren hinterlassen. Selten intensiv kommen hier vom Fernkurs geprägte Biografien zueinander!

Die jährlichen Treffen werden wechselnd von einem Gruppenmitglied genauso liebevoll wie intensiv vorbereitet. Die Programme haben immer deutlich erkennbare Bezüge zu den gemeinsamen Erfahrungen während der Heilig-Land-Reise und durch das Studium. Der Austausch über das Engagement, das aus der ThiF-Zeit erwachsen ist, kommt wie von selbst auf und spielt eine wichtige Rolle („Kollegiale Beratung“!) – wie z.B. bei einer spirituell geprägten Reise zu Fuß und mit Kamel durch den Sinai vor einigen Jahren. Das nächste Vorhaben führt im nächsten Frühjahr nach Rom. Könnte gut sein, dass ich auch wieder dabei bin!

                                                                                                                                            Joachim Deitert