Israelreise für Gruppenleiter

Fülle und Geschwindigkeit - eine Einführungsreise in Israel

"So, schauen Sie bitte noch einmal und dann geht es weiter". Diesen Satz bekam die Gruppe öfter auf dieser Reise zu hören, denn der Zeitdruck und die Fülle an Zielen und Informationen war enorm. Dennoch gab es aber immer auch wieder die Gelegenheit, sich auf einen Ort oder eine Begegnung einzulassen. Der sehr erfahrene Reiseführer Wilhelm Beck hatte ein gutes Gespür für die Kombination aus optischen Eindrücken, sachlichen Informationen und spirituellen Impulsen. Die insgesamt 18 Teilnehmenden waren aber auch nicht zum Vergnügen hier im Land, sondern alle wollen in naher oder nicht allzu ferner Zukunft selbst eine Gruppenreise durchführen. In meinem Fall handelt es sich um eine sehr nahe Zukunft: 23. Februar bis 05. März 2018.

Um für die (organisatorische) Leitung einer Reise ins Heilige Land gerüstet zu sein, bedarf es nicht nur zahlreicher Informationen, sondern auch des ganz persönlichen Eindrucks. Eine Gruppenleiterin und ein Gruppenleiter sollten wissen, wie es sich "anfühlt", in Israel unterwegs zu sein, wie die Städte und Landschaften, die voller Geschichten und Historie sind, auf einen Reisenden wirken und welche Orte sich unbedingt lohnen, nicht nur aufgesucht, sondern auch intensiver erlebt zu werden. Als Studienleiter bei Theologie im Fernkurs hatte ich also immer die Studienwoche in Israel in Gedanken mit im Gepäck.

Von Betlehem nach Qumran und ans Tote Meer

Der erste Tag begann mit einer Wanderung unterhalb des Dorfes Battir, in dem heute noch Bewässerungssysteme aus römischer Zeit nicht nur zu bestaunen sind, sondern auch alltäglich genutzt werden. Es schloss sich der Besuch des Caritas-Kinderhospitals und die Besichtigung der Geburtskirche in Betlehem an. Die schier endlose Schlange der Menschen, die auf den Zutritt zur Geburtsgrotte unterhalb der Kirche warteten, machte uns allen deutlich, dass Israel bzw. die heiligen Stätten als Reiseziele beliebter denn je sind und man oft Wartezeit und hohe Besucherzahlen einplanen sollte. 

Am nächsten Tag waren wir im Jordantal unterwegs. Dieses Mal galt es nur einen fernen Blick auf das Georgskloster zu werfen, im Rahmen der von Theologie im Fernkurs verantworteten Gruppenreise vom 23.02. bis 05.03.2018 ist auch eine Wanderung dorthin und ein Besuch des Klosters vorgesehen. Insofern freue ich mich, auf die von mir mitorganisierte Reise zielgerichtet vorbereitet zu sein und meinem jetzt noch fernem Ziel dann ganz nahe zu kommen. 

Während die "Taufstelle" am Jordan (es gibt verschiedene Versionen, wo die Taufstelle liegt) wieder außerordentlich gut besucht war – u.a. von ganzen Gruppen, die sich dort taufen ließen – waren der Blick über die Hügel der Wüste Juda und der Besuch der Höhlen von Qumran eher ein ruhigerer Programmpunkt. Auch das Bad im Toten Meer fiel eher in die Kategorie "freudiges Gruppenerlebnis", wenngleich auch hier nur knapp eine Stunde Zeit zur Verfügung stand.

Von Nazaret zum See Gennesaret

Zwar war Nazaret nur eine Zwischenstation auf unserem Weg von Bethlehem zu den Orten rund um den See Gennesaret, aber sowohl die Verkündigungsbasilika als auch die die Kirche St. Gabriel, wo die Verkündigung nach griechisch-orthodoxem Glauben stattfand, nämlich über der Quelle des Dorfes, dem Ort, an dem Maria laut Überlieferung Wasser geschöpft habe, sind in jeder Reise ins "Heilige Land" als Besuchsorte fest eingeplant.

Vom Berg der Seligpreisungen aus bot sich ein herrlicher Blick auf den See Gennesaret und nach dem gemeinsamen Weg hinunter zur Kirche "Mensa Domini" lasen wir im Johannesevangelium von der Begegnung des Auferstandenen mit den Jüngern und ihrem gemeinsamem Mahl am Ufer des Sees (Joh 21,1-14). Schließlich "erfuhren" wir den See bei einer gemeinsamen Bootsfahrt.

Am Sonntag hatte die Gruppe die Gelegenheit, in der "Brotvermehrungskirche" gemeinsam Eucharistie zu feiern und anschließend Kafarnum zu besuchen. Eine Besonderheit waren dann die Ausgrabungen und das neu errichtete Pilgerzentrum in Migdal, der Heimat Maria Magdalenas. Erst seit 2012 sind hier Ausgrabungen zugänglich und der spannend gestaltete Kirchenraum "Duc In Altum" im Pilgerzentrum wurde gar erst 2014 von Papst Franzikus eingeweiht. So waren nicht wenige in der Gruppe überrascht, im Land der sehr alten Überlieferungen auch ganz neue Orte und Schätze kennen lernen zu können.

 

In und um Jerusalem

Die letzten beiden Tage der einwöchigen Fahrt waren zahlreichen Orten in (Ölberg, Grabeskirche, Betesda-Teich, Via Dolorosa, Tempelplatz und Westmauer, Abendmahlssaal und Dormitiokirche) und um (Yad Vashem, Knesset und Israel-Museum) Jerusalem gewidmet. Auch jetzt galt es, die Spannung zwischen Überfülle an Informationen und faszinierenden Einblicken mit der wenigen zur Verfügung stehenden Zeit in Einklang zu bringen.

An der Westmauer des ehemaligen Tempels (der so genannten 'Klagemauer') hatten wir das Glück, zahlreiche Jungen im Alter von dreizehn Jahren bei ihrer Bar Mizwa zu beobachten. Es ist für die Jungen, die mit dieser Feier zum 'Sohn der Weisung' werden, eine besondere Ehre, den Tagesabschnitt aus der Tora direkt am Ort des Tempels lesen zu dürfen. Dazu tragen sie die Torarollen in ihren reich verzierten Gefäßen zu einem für sie vorbereiteten Platz an der Mauer, um dort die Rolle auszubreiten und unter viel Jubel und Gesang zum ersten Mal daraus vorzulesen.

Der  Gang durch die Altstadt Jerusalems hielt viele Orte bereit, an denen wir stehen blieben, Erklärungen erhielten und uns auch mit der Bibel oder mit anderen Texten spirituell einstimmten. Angesichts der vielen Menschen aus zahlreichen Nationen, die alle Ähnliches wir wir im Sinn hatten, war es nicht immer ganz einfach, sich auf den jeweiligen Ort einzulassen. So waren sowohl die Via Dolorosa als auch die Grabeskirche (erwartungsgemäß) stark besucht.

Dass Israel ein Land der Gegensätze ist, war nicht nur religiös und politisch spürbar, sondern auch an der Bandbreite des Wetters bzw. der Temperaturen. Während wir in Betlehem bei recht angenehmen 22 Grad gestartet sind, hatten wir am See Gennesaret T-Shirt-Wetter bei 27 Grad. Die letzten beiden Tage waren dann nahezu komplett verregnet und im hoch gelegenen Jerusalem sank das Thermometer auf gerade einmal 13 Grad. Dort ist auch das Gruppenbild entstanden, auf dem jeder sehen kann, dass Regenkleidung im Winterhalbjahr selbstverständlich zum Israel-Reisegepäck gehört.

Besuch in Yad Vashem

Es war gut, dass an diesem Nachmittag der Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem der letzte Programmpunkt war. Denn es war einmal mehr eine Herausforderung, sich der eigenen Geschichte zu stellen, die so unendlich viel Leid verursacht hat. Sowohl das Museum, als auch das "Children's Memorial" für die ca. 1,5 Millionen ermordeter jüdischer Kinder hinterließen bei allen einen nachhaltigen Eindruck. Ebenso waren aber die vielfältigen Aufrufe zur Versöhnung und Verständigung der Menschen untereinander überall sichtbar, am bekanntesten wohl die "Allee der Gerechten", die das Gedenken an die Toten bewahrt durch Bäume als Zeichen für gerettete menschliche Leben.

Noch bevor wir am siebten und letzten Tag der Reise wieder zum Flughafen nach Tel Aviv fuhren, besuchten wir das Israel-Museum mit dem "Schrein des Buches", wo u.a. die Funde aus Qumran aufbewahrt werden. Neben zahlreichen Artefakten biblischer und allgemeiner Historie bestaunten wir auch das Modell des herodianischen Tempels mit der ihn umgebenden Stadt, so wie er nach heutigem Wissenstand zur Zeit Jesu ausgesehen haben soll.

Eines – so haben fast alle nach dieser anstrengenden aber beeindruckenden Reise gedacht – bleibt in jedem Fall zu tun: Nahezu jeder besuchte Ort verlangt danach, wieder gesehen und noch einmal tiefer erlebt zu werden. Dies ist dann auch mein persönliches Ziel: Den Teilnehmenden an der Studienwoche in Israel, die ich für Theologie im Fernkurs begleite, sowohl lebendige und spirituelle als auch nachhaltige theologische Erfahrungen auf der gemeinsamen Reise zu ermöglichen.

Martin Ostermann