Das "Erfurter Modell" des Grundkurses Theologie

Rückblick auf drei Jahre und Ausblick auf den nächsten Kurs

„Ich kann jetzt offener zu meinem katholischen Glauben stehen, weil ich gelernt habe, wie ich in Diskussionen gut argumentieren kann.“ Dieses Fazit zieht einer der Teilnehmenden des Grundkurses Theologie im Bildungshaus St. Ursula in Erfurt. Am 24. November 2018 wurden dort 29 Absolventinnen und Absolventen verabschiedet. Nach einem festlichen Gottesdienst in der Kapelle des Bildungshauses überreichte Weihbischof Dr. Reinhard Hauke im Rahmen eines Festaktes die Zertifikate des Bistums Erfurt. Dr. Thomas Franz, der Leiter von Theologie im Fernkurs, sprach in seinem Festvortrag zum Thema „Warum werden wir Gott nicht los? Streiflichter durch eine überholt geglaubte und immer noch aktuelle Debatte“ und überreichte anschließend die Zeugnisse von Theologie im Fernkurs. Kursrückblicke des Kursleiters und eines Teilnehmers rundeten das Programm ab. 

Elemente des "Erfurter Modells"

Die Absolventen – 16 Frauen und 13 Männer im Alter von 26-79 Jahren – hatten am Grundkurs Theologie im Rahmen des „Erfurter Modells“ teilgenommen, das hier seit vielen Jahren praktiziert wird. Drei Jahre lang hatten sie sich an insgesamt 18 Kurswochenenden – jeweils von Freitagabend bis Sonntagmittag – im Bildungshaus St. Ursula getroffen und dabei die 24 Lehrbriefe des Grundkurses mit Referentinnen und Referenten aus den jeweiligen theologischen Disziplinen besprochen. Hier ist besonders die gute Zusammenarbeit mit der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt zu betonen, da die Professorinnen und Professoren, aber auch die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer wieder gerne bereit sind, zu den Kurswochenenden zu kommen, um die theologischen Inhalte zu vermitteln und sich den Fragen der Teilnehmenden zu stellen. Das Themenspektrum ging dabei oft weit über die Lehrbriefe hinaus. Mindestens genauso wichtig wie die theologische Wissensvermittlung war jedoch der Austausch der Teilnehmenden untereinander, die ganz unterschiedliche Glaubenswege haben: Während die einen schon seit ihrer Kindheit fest im Glauben verwurzelt sind, haben sich andere erst als Erwachsene taufen lassen. Manche sind von den volkskirchlichen Strukturen des Eichsfelds geprägt, andere kommen aus der Diaspora. Auch evangelische Christen waren dabei, und ein Teilnehmer wurde während des Kurses getauft – der Kurs hatte seine Entscheidung für die Taufe bestärkt. Zudem waren neben vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus dem Bistum Erfurt auch die Bistümer Magdeburg, Dresden-Meißen, Görlitz, Fulda und Limburg vertreten. So ergaben sich ganz unterschiedliche Sichtweisen auf die theologischen Themen, was zu angeregten Diskussionen und spannenden Perspektivwechseln führte.

Neben der Auseinandersetzung mit den Lehrbriefen gab es in jedem Studienjahr ein sogenanntes offenes Wochenende, für das die Teilnehmer jeweils ein zusätzliches Thema auswählen konnten. So standen eine Einführung in die Philosophie und der interreligiöse Dialog, aber auch ein Blick auf Geschichte und Spiritualität verschiedener Ordensgemeinschaften auf dem Programm.

Neben der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit theologischen Fragen war die gemeinsame Feier des Glaubens ein wichtiges Element des Kurses. Bei jedem Treffen gab es gemeinsame Morgen- und Abendgebete, die von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gestaltet wurden, so dass ganz unterschiedliche Formen des Gebets erlebt und gefeiert werden konnten. Auch die sonntäglichen Eucharistiefeiern in der Kapelle des Bildungshauses wurden von den Teilnehmeden vorbereitet und mitgestaltet. 

Darüber hinaus gab es an den Wochenenden jeweils noch ein zusätzliches Programmangebot. Eine Führung im benachbarten Ursulinenkloster, eine Stadtführung sowie eine Besichtigung des Domes und ein Besuch im Augustinerkloster gaben die Gelegenheit, Erfurt näher kennenzulernen. Auf großes Interesse stießen auch die eigenen Beiträge der Studierenden, die ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen von besonderen Lebenserfahrungen berichteten oder ihre ganz unterschiedlichen Begabungen unter Beweis stellten. Gemeinsame Grillabende durften im Sommer natürlich auch nicht fehlen.

Im Januar 2019 besteht für die Kursteilnehmer und Kursteilnehmerinnen die Möglichkeit, das in den vergangenen drei Jahren Gehörte im Rahmen von Exerzitien geistlich zu reflektieren und dabei der Frage nachzugehen, wie die theologischen Erkenntnisse mit dem persönlichen Glauben in Einklang zu bringen sind.

Besonders beeindruckend ist, dass die meisten Studierenden den Kurs nicht aus beruflichen Gründen absolviert haben, sondern einfach ihren Glauben vertiefen und Antworten auf individuelle Fragen erhalten wollten. Dank der familiären Atmosphäre im Kurs und der Offenheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer entstand eine große Vertrautheit, so dass sehr persönliche und tiefgehende Gespräche möglich waren. Auch die Glaubenszeugnisse der Einzelnen waren für viele eine große Bereicherung. Eine Teilnehmerin berichtet: „Ich komme aus der Diaspora und muss mich oft für meinen christlichen Glauben rechtfertigen. Die vielen Gespräche mit den Referenten und Referentinnen und Kommilitonen und Kommilitoninnen haben mir geholfen, meine persönliche Überzeugung besser in Worte fassen zu können.“

Auch wenn das Motto von Theologie im Fernkurs – „Mehr vom Glauben wissen“ – auf jeden Fall erfüllt wurde, bleiben nach den drei Kursjahren trotzdem noch viele offene Fragen, und so haben sich bereits die meisten Studierenden für den ebenfalls dreijährigen Aufbaukurs Theologie angemeldet, der im August 2019 in Erfurt beginnt. Dieser steht auch Interessierten offen, die den Grundkurs in einem anderen Bistum absolviert haben.

Im Januar 2019 startete in Erfurt ein neuer Grundkurs Theologie. Er steht ebenfalls allen Interessierten – auch aus anderen Bistümern – offen. Wer an einer Teilnahme interessiert ist, kann sich gerne an den Kursleiter Dr. Martin Riß unter mriss[at]bildungshaus-st-ursula.de oder Tel. 0361/60114-0 wenden und weitere Informationen anfordern. Am 19. Januar fand ein Eröffnungstag im Bildungshaus St. Ursula in Erfurt statt, ein Einstieg in den Kurs ist aber auch danach noch möglich.