Studium trifft Beruf

Bedeutung und Einbindung von Praktika im Studium

Ulrich Feeser-Lichterfeld (Hg.) / Kai G. Sander (Hg.): Studium trifft Beruf. Praxisphasen und Praxisbezüge aus Sicht einer angewandten Theologie (Bildung und Pastoral, Bd. 6), Ostfildern (Grünewald) 2019, 246 Seiten; ISBN: 978-3-7867-3150-4; 32,00 €

Wer einen Beruf ausüben will, muss dafür ausgebildet werden. Diese Ausbildung umfasst Erfahrungen, Wissen und Fähigkeiten. Kürzer ausgedrückt: Es bedarf der Theorie und der Praxis.

Wer heute Gemeindereferentin bzw. Gemeindereferent werden möchte, absolviert theologische Studien (Theorie) und durchläuft Zeiten der praktischen Arbeit (Praxis). Als Präsenzstudium wird an verschiedenen Standorten in Deutschland der Studiengang Religionspädagogik angeboten (Benediktbeuern, Eichstätt, Mainz und Paderborn). Theologie im Fernkurs bietet die Möglichkeit eines Fernstudiengangs an. Seit dem Wintersemester gibt es im Rahmen einer Kooperation von Theologie im Fernkurs und dem Fachbereich Theologie an der Katholischen Hochschule Paderborn (KatHO) auch einen Fernstudiengang mit dem Abschluss Bachelor. Der Beitrag „Religionspädagogik goes Cyberspace“ berichtet vom Auftakt dieses Studiengangs.

Sowohl im Präsenz- als auch im Fernstudiengang sind Praxiszeiten vorgesehen, in denen pastorales und pädagogisches Handeln unter Anleitung beobachtet, durchgeführt und reflektiert werden kann. Diese Praktika sind Orte, an denen das Studium den (zukünftigen) Beruf trifft. Das Aufeinandertreffen von Theorie und Praxis ist unterschiedlich intensiv und gestaltet sich auch nicht immer konfliktfrei. Es bleibt eine durchgängig bestehende Aufgabe, für eine gute Verzahnung der theoretischen und praktischen Studienanteile zu sorgen. Weder sollte die Praxis ein Eigenleben führen oder ohne theoretische Reflexion durchgeführt werden, noch sollte die Theorie sich über die Praxis erheben und diese zum reinen „Anwendungs- oder Testfall“ degradieren.

In den Jahren 2017 und 2018 fanden an der KatHO zwei Symposien zu „pastoralen Lehr-Lern-Prozessen“ statt. Studierende, Mentorinnen und Mentoren standen mit Referentinnen und Referenten aus Lehre und Beruf im Austausch. Das Buch „Studium trifft Beruf“ dokumentiert in verschiedenen Beiträgen die Ergebnisse dieser Symposien und gliedert sich in „Grundsätzliches – Konkretionen – Perspektiven“.

In „Grundsätzliches“ geht es um die Theorie-Praxis-Korrelation in der akademischen Ausbildung angehender kirchlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zentrale Stichworte sind u.a. Persönlichkeits- und Kompetenzentwicklung, ethische Verantwortung oder zukünftige Pastoral.

Die „Konkretionen“ betrachten dann unterschiedliche Konzepte des Praxis-Lernens. In den weit gefächerten Beiträgen wird gefragt, welche Wirkungen Praktika für ein späteres Berufsbild haben und wie es um die Selbsteinschätzung in Bezug auf künftige Handlungskompetenz bei den Studierenden steht. Die Organisation des Praxis-Lernens wird ebenso thematisiert wie die Rolle von Blended Learning.

Im dritten Teil „Perspektiven“ wird z.B. nach der Rolle der Spiritualität in Theorie-Praxis-Konzepten gefragt, ebenso sind Professionalisierungsprozesse und das zukünftige Berufsfeld Gemeinde als bleibende Herausforderung weitere Themen.

Theologie im Fernkurs ist mit drei Beiträge (jeweils in einem der drei Teile) vertreten und macht damit deutlich, wie sehr auch im theologischen Fernstudium, das 2020 sein 50jähriges Bestehen feiert, das Theorie-Praxis-Verhältnis ein zentrales Thema bleibt. Die sich beständig (und gefühlt immer schneller) wandelnde Gegenwart in Verbindung mit den Herausforderungen zukünftigen Handelns in Kirche und Gesellschaft zeigt die Dringlichkeit, fortwährend Konzepte zu reflektieren, zu verändern und auch ganz neu zu konzipieren. Mancher Abschied von Liebgewonnenem kann auch der Moment eines Aufbruchs sein. Wenn Studium und Beruf aufeinandertreffen, müssen manche Vorstellungen und Erwartungen korrigiert werden. Insgesamt sollte das Zusammenwirken von Theorie und Praxis aber motivieren und neue Perspektiven eröffnen.

Martin Ostermann