Vom Lehrbrief zum methodisch abwechslungsreichen Onlinekurs

Hoher Zuspruch für die Online-Begleitzirkeltreffen im Erzbistum Köln – ein Erfahrungsbericht der Begleitzirkel-Leiterin und Theologin Julia Schaffeld

Gespannt saß ich am 20. Januar dieses Jahres zum ersten Mal in meinem virtuellen Zoom-Raum und freute mich auf die Studierenden im Grundkurs: Wer und was erwartet mich? War ich ausreichend vorbereitet? Kann das klappen, Fernkursstudierende donnerstags abends nach 19:00 Uhr über Zoom für die Theologie zu begeistern?

Von meiner Kollegin, Tamara Danilenko, wurde ich gut in die neue Tätigkeit eingeführt. Sie hat viel Erfahrung mit den Begleitzirkeltreffen, denn diese werden seit vielen Jahren im Erzbistum Köln für die Grund- und Aufbaukurs-Studierenden monatlich angeboten, um den „Schreibtisch des Fernstudiums“ mit anderen zu teilen. Auch online hatte sie erste Schritte auf dem Weg zum didaktisch strukturierten gemeinsamen Online-Lernen auf Basis der Lehrbriefe unternommen. Ermöglicht und gut unterstützt werden die Online-Begleitzirkeltreffen technisch und didaktisch vom Bildungswerk der Erzdiözese Köln e. V., dem Träger vom Fernstudium Theologie im Erzbistum Köln. Das Bildungswerk führte seit Beginn der Pandemie einen großen Teil der Veranstaltungen online durch. Mitarbeitende und Dozentinnen und Dozenten wurden dazu vom Bildungswerk fortgebildet und befähigt, mit der "neuen Technik" fachdidaktisch professionell zu arbeiten.

Auf diese Weise ausgerüstet und unterstützt, ließ ich mich auf das digitale Neuland ein und kann nach nur einem halben Jahr das Fazit ziehen: Ja, es klappt, und es begeistert mich selbst!

17 Studierende nahmen am ersten Treffen teil und seitdem sehe ich jeden Monat 15 bis 20 Teilnehmende auf meinem Bildschirm. Eine Abfrage in dieser Runde ergab: Rund 1/3 von ihnen studiert mit dem Ziel einer Anstellung in der katholischen Kirche, ca. 2/3 aus persönlichem Interesse. Mein Ziel ist für beide Gruppen das gleiche: über die theologische Auseinandersetzung im Glauben Sicherheit und Sprachfähigkeit erlangen. So gehen wir inhaltlich eng an den Lehrbriefen entlang, setzen die Inhalte in einen Kontext und in Bezug zueinander und fragen: Was bedeutet das Gelesene für mich z.B. auf dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen? Wie ist mein eigenes Bild von Jesus Christus? Glaube ich an diesen Gott? Die Rückmeldungen der Teilnehmenden bestätigen meinen Eindruck: „Die regelmäßigen Begleitzirkel sind für mich eine ganz wichtige und wertvolle Ergänzung: nicht nur durch die professionell vorbereitete und souverän moderierte Mischung aus Vortrag, Wissensabfragen und Diskussionen, sondern auch durch die vielen Beiträge und den offenen Austausch in den (virtuellen) Kleingruppen. Sehr lebendig, sehr persönlich und in jeder Hinsicht eine große Hilfe. Danke!“ (Claudius Kroker).

Dass der Begleitzirkel (bisher) online stattfindet, bedeutet nicht, dass Interaktion und Austausch und das persönliche und gemeinschaftliche Erarbeiten von Inhalten zu kurz kommen. In didaktischer Hinsicht probiere ich eine bunte Vielfalt aus und freue mich, dass diese auch angenommen wird. Hierbei ist allerdings darauf zu achten, dass nicht alles, was technisch möglich ist, auch didaktisch Sinn macht.
Die Studierenden durften ihr Wissen z.B. in zwei Quizspielen testen und sich entspannt auf eine Bilderreise durch das Alte Testament begeben. Sie haben Vorträge von mir gehört und eigene Referate über die Inhalte der Studienveranstaltungen gehalten. Sie haben in Gruppenarbeiten Perikopen exegetisch ausgelegt ebenso wie sie sich in Einzelarbeit anhand von Christusdarstellungen intensiv mit ihrem eigenen Jesusbild auseinandergesetzt haben. Und als der Krieg in der Ukraine ausbrach, haben wir auch gemeinsam gebetet.

Zu jedem Treffen lade ich vorher per Mail ein, sende eine Leseempfehlung und -hilfe für die entsprechenden Lehrbriefe des nächsten Abends. Im Anschluss an die meisten Treffen erhalten die Teilnehmenden eine Sicherung, z.B. Zusammenfassungen, die gemeinsam in Gruppenarbeiten erstellt wurden. So bleiben wir auch zwischen den Treffen in Kontakt, ich stehe für Antworten auch zwischen den Terminen gerne bereit.
Online ist mehr möglich, als es auf den ersten Blick scheint. Es macht daher auch Freude, jeden Begleitzirkel methodisch abwechslungsreich zu gestalten. Ich bin dankbar für die Offenheit, mit der wir im Gespräch miteinander sind und staune über das große Wissen, das sich die Teilnehmenden meist nur lesend aneignen.

Und eine weitere Erkenntnis ist deutlich geworden: Auch digital lässt sich einlösen, dass die Lektüre nicht der einzige Zugang zu den Inhalten ist. So schätzen die Studierenden sehr, dass sie die Möglichkeit zur Rückfrage, zur Vertiefung und vor allem auch zur kritischen Auseinandersetzung erhalten.

Neben diesen didaktischen Möglichkeiten, die gemeinschaftliches Lernen auch online sichern, sehe ich noch einen weiteren, eher praktischen Mehrwert, ja geradezu eine Chance des Online-Begleitzirkels: Das digitale Format ermöglicht es den Studierenden, sich aus dem Urlaub, mit Babyfon in der Hand oder direkt im Anschluss an einen Termin einzuschalten. Viele hätten an einem Präsenztermin nicht teilnehmen können – auch das zeigte eine Umfrage.

Und ebenso ist für mich der Begleitzirkel unter diesen "digitalen Umständen" noch viel stärker ein Anlass zu lebenslangem Lernen. Es eröffnet sich mir nicht nur über die Vorbereitung und Durchführung sowie die individuelle Begleitung der Fernkursstudierenden eine herausfordernde und gewinnbringende Auffrischung meines eigenen Theologiestudiums. Die Begleitzirkel fordern zudem die Teilnehmenden und mich heraus, diese Inhalte auch methodisch im Online-Bereich neu zugänglich zu machen und zugleich einen Beitrag zu leisten, Theologie mit dieser digitalen Kulturtechnik zu verbinden und anschlussfähig zu machen.

 

Julia Schaffeld