Päpste im Film

In einem Zeitraum von kaum zwei Jahren sind drei ‚Papstfilme‘ zu sehen gewesen

„Die zwei Päpste“ (USA/GB 2019, Regie: Ferdinand Meirelles) ist das jüngste Filmbeispiel in der Reihe von Papstfilmen. Den Auftakt machte der Dokumentarfilm „Papst Franziskus – ein Mann seines Wortes“ (D/I/CH/F 2018, Regie: Wim Wenders) und es folgte ca. ein Jahr später ein weiterer Dokumentarfilm: „Verteidiger des Glaubens“ (D 2019, Regie: Christoph Röhl). Mag das Thema auch immer das Papsttum im Allgemeinen sowie die Person des einen (Franziskus) oder des anderen (Benedikt XVI.) sein, so sind die drei Filme im Besonderen doch sehr unterschiedlich. Zum einen unterscheiden sie sich im Genre (ein Spielfilm und zwei Dokumentarfilme), zum anderen bieten sie drei unterschiedliche Zugänge zum Thema „Papst“:

Eine Bühne für Franziskus

Wim Wenders „Papst Franziskus“ stellt die Person des aus Argentinien stammenden Pontifex in den Mittelpunkt und bietet ihm eine Bühne. Es handelt sich im eigentlichen Sinne nicht um einen Dokumentarfilm über Franziskus, sondern mit ihm als zentrale Hauptfigur. Es gibt keinen distanzierenden oder gar kritisierenden Kommentar, sondern Franziskus darf – im direkten Gespräch mit der Kamera und auf diese Weise mit dem Betrachter – seine Anliegen und Gedanken vorbringen. Hier kommen seine großen Themen zu Wort und auch ins Bild: Schöpfung und Ökologie, eine Kirche der Armut und des Dienens sowie Barmherzigkeit als Mittlerin des Evangeliums.

Einen weiteren großen Raum im Film nehmen Aufnahmen ein, die Franziskus auf seinen zahlreichen Reisen, in Begegnungen und bei Ansprachen zeigen. Eine Interpretationsfolie bilden kurze schwarz-weiße Filmszenen des Lebens des Franz von Assisi, der als Namens- und Impulsgeber des Papstes gesehen werden kann. Die Szenen aus dem Leben des Heiligen wirken als wären sie einem alten Stummfilm entnommen, sind aber ebenfalls von Wenders inszeniert und durch entsprechende Technik "auf alt gemacht". Franz von Assisi als Führer zu Franziskus. Durch diese Perspektive der ‚Franziskus-Präsentation‘ ist es ein eher ungewöhnlicher Dokumentarfilm, der vor allem emotional überwältigt und auf sympathische Weise für die Art des Pontifex einnimmt. Eine kritische Auseinandersetzung wird nur durch die Kirchenkritik von Papst Franziskus selbst angedeutet, sein Pontifikat bzw. sein Wirken wird aber nicht anlysiert sondern beobachtend präsentiert.

Papst und katholische Kirche in der Krise

Ganz anders verhält es sich mit dem zweiten Dokumentarfilm „Verteidiger des Glaubens“: Der Regisseur Christoph Röhl spricht kritisch über Joseph Ratzinger bzw. Benedikt XVI., ordnet ihn als Person der Zeitgeschichte mit Hilfe von Zeitzeugeninterviews und Archiv-Filmaufnahmen in die jüngste Geschichte der Katholischen Kirche ein. Ziel des Films ist aber weniger, die Anliegen der Person Ratzinger deutlich zu machen, als über seine Rolle für die Entwicklung der katholischen Weltkirche zu reflektieren. Als Theologie-Professor (1958-1976) und Konzilsberater, als Erzbischof von München-Freising (1977-1980), dann vor allem als Kardinal und Präfekt der Glaubenskongregation (1981-2005) und zuletzt als Papst Benedikt XVI. (2005-2013) hat Joseph Ratzinger wie kaum ein anderer Theologe die Katholische Kirche ein halbes Jahrhundert lang entscheidend mit prägen und zuletzt auch leiten können. Diese Prägung und die damit verbundene Verantwortung für Fehlentwicklungen, wie z.B. den so genannten Missbrauchsskandal, erweisen sich als im Kern zentrales Thema von „Verteidiger des Glaubens“. Während die Pressemitteilung der Deutschen Bischofskonferenz dem Film vorwirft, er zeichne „ein stark verzerrtes Bild von Kardinal Joseph Ratzinger/Benedikt XVI.“ und der Film habe die „Chance zu einem historisch-kritischen Porträt über Papst Benedikt XVI., das ihm differenziert hätte gerecht werden können, verpasst“, schreibt der Regisseur: "Eine Analyse der Fakten wird jedoch zeigen, dass in meinem Film nicht so sehr entlastendes, als vielmehr belastendes Material weggelassen wurde." (Herder Korrespondenz 1/2020, 33)

Begegnung zweier Päpste mit Augenzwinkern

Der dritte Papstfilm in dieser Reihe ist nun ein Spielfilm, der eine (fiktionale) Begegnung von Kardinal Jorge Bergoglio und Papst Benedikt XVI., kurz vor dessen Rücktritt im Jahr 2013 schildert. Die (welt-)historische Tatsache, dass es zwei lebende Pontifices gibt, die einander wohlgesonnen sind, die auf Spaziergangslänge voneinander entfernt wohnen, sich häufig austauschen und auch sonst keine Anstalten machen, Mutmaßungen über gegenseitige Vorbehalte in irgendeiner Art zu bestätigen, war indes auch eine Steilvorlage für Filmemacher und Drehbuchautoren. Seit Benedikt XVI. zum 28. Februar 2013 auf sein Amt verzichtete und am 13. März Franziskus zum neuen Papst gewählt wurde, gibt es zwei Päpste im Vatikan, wenngleich nur einen regierenden.

Der Film „Die zwei Päpste“ setzt nun die (fiktionale) Begegnung von Kardinal Jorge Bergoglio und Papst Benedikt XVI. in der Weise um, dass er Bergoglio als Motiv für seine Reise nach Rom, das Einreichen des Rücktrittsgesuches als Erzbischof von Buenos Aires unterstellt. Währenddessen unterrichtet Benedikt den Kardinal von seinen Rücktrittsplänen, um gleichzeitig sicherzustellen, dass dieser als potentieller Nachfolger in einem zukünftigen Konklave zur Verfügung steht. Die Dramatik der Gespräche dieser beiden Männer speist sich zum einen aus den nahezu gegensätzlichen Motivationen, zum anderen aus den sehr unterschiedlichen Charakteren. Mehrfache Missverständnisse und Irritationen sorgen im Laufe der Gespräche für feinen Humor. Unterbrochen wird die Begegnung im Vatikan durch Rückblenden in die Zeit der argentinischen Militärdiktatur, als Jorge Bergoglio das Jesuitenkolleg leitete und sich zu dramatischen Entscheidungen einigen Mitbrüdern gegenüber herausgefordert sah. Im Rückblick trägt der Kardinal schwer an den Erinnerungen und empfindet die Entscheidungen als größten Fehler seines Lebens. Zu Beginn geht der Film noch weiter zurück und schildert, wie der lebenslustige Bergoglio zu seinem Entschluss, (doch noch) Priester zu werden, gelangt ist. Von Benedikt XVI. bzw. Joseph Ratzinger sind keinerlei Rückblenden im Film vorhanden, einzig aus seinen Äußerungen und Taten (z.B. dem Klavierspiel) können wenige Rückschlüsse auf persönliche Prägungen gezogen werden.

Es ist schließlich ein humorvoller Einfall, die beiden Päpste am Ende des Films gemeinsam auf die Couch vor einen Fernseher (der an der Position der Kamera steht) zu setzen, um sie gemeinsam das Finale der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 anschauen zu lassen, in welchem die deutsche Mannschaft durch einen Sieg über die Argentinier den Titel gewann.

Martin Ostermann