Großes Potential im Austausch von Theologie und Naturwissenschaft

Ein Gespräch mit dem 35.000sten Grundkursteilnehmer

Vor einem Jahr hat sich der 35.000ste Teilnehmer bei Theologie im Fernkurs für den Grundkurs Theologie angemeldet. Dr. Tobias Ried ist Mathematiker und arbeitet am Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften in Leipzig. Im Interview spricht der 31-Jährige darüber, wie er auf den Fernkurs aufmerksam geworden ist, welche Erfahrungen er bisher gesammelt hat und welches Potential er im Austausch von Theologie und Naturwissenschaft sieht. 

Warum haben sich Sie für ein Studium bei Theologie im Fernkurs entschieden? Wie sind Sie auf Theologie im Fernkurs gestoßen?

Bei einem Forschungsaufenthalt in den USA kam ich auch mit der dortigen Hochschulgemeinde in Kontakt, in der quasi das gesamte Gemeindeleben durch ehrenamtliche Helfer am Leben gehalten wurde. Getragen von dieser Erfahrung suchte ich zurück in Deutschland den Kontakt zur Pfarrei St. Stephan in Karlsruhe und fand über einen Schriftkreis, der einmal im Monat auch einen Abendgottesdienst liturgisch mitgestaltet, und durch die Mitwirkung bei der Firmkatechese besonderes Interesse an der Liturgie. Nach einiger Überlegung entschloss ich mich daher zur Teilnahme an „Liturgie im Fernkurs“ des deutschen liturgischen Instituts.

Der Schritt zu „Theologie im Fernkurs“ war dann recht naheliegend, nachdem ich auch auf Studienwochenenden von Liturgie im Fernkurs schon viel Positives über das Fernstudium gehört hatte.

Meine Hauptbeweggründe waren dabei vor allem das Interesse an der Auseinandersetzung mit theologischen Fragestellungen und die Verbesserung der theologischen Sprachfähigkeit. Zu oft merkte ich, dass mir beim Gespräch über den Glauben die passenden Worte und der theologische Tiefgang fehlen. Und gerade für mich als Mathematiker ist die wissenschaftliche Orientierung des Fernstudiums ein zentraler Punkt.

Wie haben Sie bisher den Fernkurs erlebt?

Durch die bereits gesammelte Erfahrung über Liturgie im Fernkurs fiel mir der Einstieg sehr leicht. Das Format als Fernstudium bietet für mich erhebliche Vorzüge und ich genieße die Freiheit, mir die Bearbeitung der Lehrbriefe nach dem eigenem Lerntempo zu gestalten. Auch von den Übungsaufgaben und Vertiefungsmodulen auf der eLernplattform mache ich regen Gebrauch.

Ich finde es spannend, mich kritisch mit dem Glauben zu befassen und diesen zu hinterfragen. Die Lehrbriefe bieten dabei einen gut strukturierten Ausgangspunkt und motivieren zur weiteren Lektüre (leider fehlt mir dazu oft die Zeit ...).

Auch die Begleitung vor Ort finde ich sehr anregend, insbesondere das Begleitprogramm des Bischof-Benno-Hauses in Schmochtitz. Da ich selbst schon einige Veranstaltungen an der Universität unterrichtet habe, weiß ich wie wichtig die persönliche Komponente eines Studiums ist: der Austausch sowohl mit Dozierende als auch mit Kommilitoninnen und Kommilitionen ist wesentlich für ein gutes Gelingen. Gerade diesen Aspekt merkte ich spürbar in den letzten, von der Corona-Pandemie geprägten Wochen. Und so freue ich mich schon auf das nächste Begleitkurs-Wochenende und hoffentlich auch bald das erste Studienwochenende.

Sie sind von Haus aus Naturwissenschaftler. Nun gibt es einige Stimmen, die sagen, Naturwissenschaft und Theologie seien nicht zu vereinbaren. Was meinen Sie dazu?

Das ist ein spannendes — wenn auch ein mitunter heikles — Thema: zu oft sind leider die Fronten auf beiden Seiten verhärtet.

Die Frage ist natürlich auch, in welchem Sinne “vereinbaren” zu verstehen ist. Denn Theologie beschäftig sich ja zentral mit Themen, die nicht im Kompetenzbereich der Naturwissenschaften verortet sind: Was ist der Sinn des Lebens? Wer ist der Mensch? Wer bin ich? Was ist — letztlich — der Ursprung des Seins, und was dessen Ziel?

Sehr kritisch stehe ich Versuchen gegenüber, beide Disziplinen zu vermischen oder naturwissenschaftliche Resultate theologisch zu vereinnahmen, wie es zum Beispiel beim Intelligent Design der Fall ist. Auch schlecht überlegte oder falsch vermittelte Analogien sind in dieser Hinsicht oft mehr kontraproduktiv als fördernd.

Nichtsdestoweniger sehe ich ein großes Potential im Austausch von Theologie und Naturwissenschaft: mit der natürlichen Skepsis der Wissenschaft, getrieben von gegenseitiger Neugier, und geprägt vom respektvollen Umgang miteinander. Beide, Naturwissenschaft und Theologie, haben ja zum Ziel, die eine Wirklichkeit zu verstehen und vom jeweiligen Standpunkt und der eigenen Perspektive zu erschließen.

So drückt es meiner Ansicht nach der angesehene Physiker Walter Thirring sehr treffend aus, wenn er sagt:

„It seems to me that when looked at the right way science does not conflict with the religious world view but makes it more glorious.“[1]

Interview: Marievonne Schöttner


[1] Walter E. Thirring in “God’s Traces in the Laws of Nature”, The Cultural Values of Science, Pontifical Academy of Sciences, Scripta Varia 105, Vatican City 2003, p.362.